Die ÖMG ist assoziierter Partner des Forschungsprojekts „Funga des Böhmerwalds“. Das gemeinsame Untersuchungsgebiet liegt in Deutschland, Tschechien und Österreich inklusive den beiden Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava. In die Forschungsarbeit sollen über einen Zeitraum von drei Jahren verstärkt ehrenamtliche Pilzkundler eingebunden werden.
Projektziel
In der Region Böhmerwald sollen grenzübergreifend Daten zur Verbreitung, Ökologie und Molekulargenetik von Pilzen gesammelt, gemeinschaftlich ausgewertet und öffentlich dargestellt werden. Dies erfolgt durch:
- Aufbau einer Funddatenbank für das Projektgebiet
- Kartierungs-Workshops in Bayern, Tschechien und Österreich
- Erstellung einer Projekt-Webseite „funga-boehmerwald.eu“ mit digitalen Karten
- Sequenzierung und Auswertung von Pilzbelegen aus dem Projektgebiet
- Wissenschaftliche Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten mit mykologischem Schwerpunkt im Projektgebiet
- Charakterisierung von ca. 3.000 Pilzarten auf Deutsch und Tschechisch, sowie 12.000 Abbildungen
- Citizen-Science-Maßnahmen
Über Interreg
Seit 1990 fördert die Europäische Union grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten durch die Gemeinschaftsinitiative „Interreg“ des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Dazu zählen beispielsweise Infrastrukturvorhaben, die Zusammenarbeit öffentlicher Versorgungsunternehmen, gemeinsame Aktionen von Unternehmen oder Kooperationen im Bereich des Umweltschutzes, der Bildung, der Raumplanung oder Kultur. Die Förderperiode der nunmehr fünften Generation des Programms dauert von 2014 bis 2020.Interreg gibt es in drei Ausrichtungen:
- Interreg A – grenzübergreifende Zusammenarbeit
- Interreg B – transnationale Zusammenarbeit
- Interreg C – interregionale Zusammenarbeit
Die „Funga des Böhmerwalds“ ist ein Interreg-B-Projekt. Im Fokus liegen die Erhaltung und der Schutz der Umwelt sowie die Förderung der Ressourceneffizienz.
Untersuchungsgebiet
Das geplante Projekt bietet erstmalig die Möglichkeit, das Wissen über die Pilze des traditionsreichen Böhmischen Waldes länderübergreifend zusammenzufassen und zu erweitern. Die Region umfasst auf deutscher Seite den Bayerischen und Oberpfälzer Wald und auf tschechischer Seite einen weiten Bereich des Böhmischen Walds bis zum Gratzener Bergland. Komplettiert wird das Projektgebiet durch die auf österreichischer Seite angrenzenden Teile des Mühl- und Waldviertels – diese liegen außerhalb des beantragten Projektgebietes und werden durch österreichische Partner bearbeitet. Das Gebiet umfasst damit zwei Nationalparks und mehrere Naturparks sowie Landschaftsschutzgebiete.
Projektbegleitung und Auswertung
Die wissenschaftliche Projektbegleitung (z. B. mit Bachelor- und Masterarbeiten) und Auswertung der Daten soll mit Unterstützung der Universität Regensburg erfolgen, ggf. unter Einbindung der Partner (Biologiezentrum Linz und Österreichische Mykologische Gesellschaft). DNA-Proben von Belegexemplaren werden untersucht und ausgewertet. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse unterstützen und optimieren naturschutzfachliche Entscheidungen.
Ehrenamtliche Pilzexperten
Jährliche Kartierungstreffen in Bayern und Tschechien sollen die internationale Zusammenarbeit von Experten fördern und die Basis für ein künftiges Monitoring-Programm schaffen. Ein Großteil der vorhandenen Beobachtungsdaten stammt von ehrenamtlich tätigen Amateuren aus lokalen Vereinen. Mit der Förderung von Citizen Science sollen diese Aktivitäten gestärkt und damit neue Funddaten erhoben werden.
Ergebnisse im Internet
Die gesammelten Daten werden auf einer gemeinsamen Homepage (in deutscher, tschechischer und ggf. englischer Sprache) in Atlasform dargestellt; die Abbildungen, Verbreitungskarten und Beschreibungen stehen somit außer den Projektpartnern auch weiteren Institutionen und der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Die über das Projekt erfassten Funddaten werden in die Gesamtdatenbank der DGfM eingepflegt und anschließend auf www.pilze-deutschland.de publiziert. Bildersammlungen und Artbeschreibungen werden so konzipiert, dass sie parallel zur Projekt-Website auch dort veröffentlicht werden können.
Projektpartner – Kompetenzen und Erfahrungen
Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald
Die Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald verfügt über langjährige Erfahrungen im Biodiversitätsmonitoring von Waldökosystemen. Sie ist speziell in der ökologischen Forschung mit Pilzen die führende Institution Deutschlands. Seit 2006 wurden mit den Großprojekten BioKlim und BioHolz standardisierte Verfahren zur Erfassung von Großpilzen auf Flächen- und Einzelobjekten eingeführt und hinreichend erprobt. Aufgrund der Strukturen sowie attraktiven Lage und Ausstattung des Parkes wurden seit 2006 vier mykologische Tagungen durchgeführt, die Kontakte zu Experten gewährleisten.
Nationalparkverwaltung Šumava
Die Nationalparkverwaltung Šumava verfügt über langjährige Erfahrungen im Monitoring und über ausreichende Kontakte zu erfahrenen tschechischen Mykologen. Für die Projektdurchführung soll ein erfahrener Mykologe angestellt werden. Mit dem Projekt sollen grenzübergreifend Daten und Wissen ausgetauscht werden, um langfristig die Monitoring-Methoden zu harmonisieren.
Biologiezentrum Linz
Das Biologiezentrum Linz mit der angegliederten Mykologischen Arbeitsgemeinschaft (MYAG) und in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Mykologischen Gesellschaft verfügen über langjährige Erfahrungen im Monitoring, sowie in der Datenhaltung und -auswertung. Die Mitarbeiter der drei genannten Gruppen erstellen jeweils nach ihren Möglichkeiten Beschreibungen und liefern Bilder speziell zu Pilzarten, die für das Projektgebiet bislang nur aus dem Mühl- und Waldviertel bekannt sind. Das Biologiezentrum Linz organisiert die jährlichen Kartierungstreffen auf österreichischer Seite. Mit Citizen-Science-Maßnahmen sollen ehrenamtlich tätige Pilzkartierer der Region unterstützt werden. Zusätzliche wissenschaftliche Unterstützung wird mit der Einbindung von Frau Prof. Dr. I. Greilhuber (ÖMG) gewährleistet.
Universität Regensburg
Der Lehrstuhl für Ökologie und Naturschutzbiologie (Herr Prof. Dr. P. Poschlod, Universität Regensburg) verfügt über eine langjährige Expertise in artenkundlichen (Botanik und Mykologie), ökologischen und naturschutzfachlichen Bereichen. Unter der Leitung des ehemaligen Lehrstuhlinhabers Herr Prof. em. Dr. A. Bresinsky wurde die erste Inventur von Großpilzen im Bayerischen Wald erhoben und publiziert (Luschka 1989). Im Rahmen von Forschungs- und Abschlussarbeiten wurden zudem bereits große Teile des benachbarten Teils des Bayerischen Waldes (Umgebung bis Schwandorf, Cham, Straubing) mykofloristisch erfasst, was zeitliche und räumliche Vergleiche erlaubt.
Deutsche Gesellschaft für Mykologie
Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) vertritt die Interessen von Mykologen und Pilzfreunden in Deutschland. Sie unterhält in jedem Bundesland Pilzkartierungs-Datenbanken und betreibt die Website www.pilze-deutschland.de. Sie fördert allgemein die Pilzkunde und unterstützt damit alle ehrenamtlich tätigen Freizeitmykologen. Entsprechend besteht eine große Expertise beim Datenmanagement und der Beschreibung sowie Darstellung von Pilzen.
Österreichische Mykologische Gesellschaft
Die Österreichische Mykologische Gesellschaft (ÖMG) ist eine pilzkundliche Fachgesellschaft. Sie vertritt die praktische und wissenschaftliche Pilzkunde und steht allen interessierten Personen offen. Vorträge, Exkursionen, fachlicher Austausch sowie Kartierungsaktivitäten und die Zusammenführung der Kartierungsdaten unterstützen ehrenamtlich tätige Pilzkundler. Wie bei der DGfM besteht eine große Expertise beim Datenmanagement und der Beschreibung und Fotografie von Pilzen.
Blick in die Zukunft
Im europäischen Naturschutz gelten Pilze als vergessene Arten. Dabei sind sie essenziell in allen natürlichen Stoffkreisläufen. Ebenso genießt diese Organismengruppe ein großes öffentliches Interesse insbesondere in der ländlichen Bevölkerung. Insofern lohnt es sich, die faszinierende Welt der Pilze weiter zu erforschen.
Quelle
LUSCHKA, N.W. (1992) Die Pilze des Nationalparks Bayerischer Wald im Bayrisch-Böhmischen Grenzgebirge (Böhmerwald). 407 S. Dissertation, Universität Regensburg.
Peter Karasch (für die ÖMG adaptiert durch Irmgard Greilhuber) (Ursprünglich in den DGfM-Mitteilungen 2017/1 der Z. Mykol. 83(1) publiziert; für die DGfM-Online-Veröffentlichung überarbeitet)